1. Vorlesung zum Wissenschaftsjahr "Zukunftsprojekt Erde"

Im Rahmen einer Projektwoche führte der Leistungskurs Geographie der Jacob-Grimm-Schule in Kassel eine halbtägige Exkursion in das Kompetenzzentrum für Klimaschutz und –anpassung in Kassel durch. Dort gab Stefan Rötzel, wissenschaftlicher Mitarbeiter im Center for Environmental Systems Research an der Universität Kassel Einblicke in den Forschungsschwerpunkt Klimaschutz und -anpassung.

 

Zum Auftakt referierte Rötzel über das globale „Zukunftsprojekt Erde“, ein Vortrag, der im Rahmen des Wissenschaftsjahres 2012 zum selbigen Thema, die Vernetzung und Wirkungszusammenhänge zwischen Klimasystem, den Ökosystemen und den anthropogenen Systemen darstellte. Wesentliche Schlüsselfaktoren wie Bevölkerungsentwicklung, Energiebedarf, Flächennutzung, Landnutzungsänderung, Wasserverbrauch, Ressourcennutzung und Verwertung wurden in ihrer Dynamik dargestellt und ihre Nah- und Fernwirkungen thematisiert. Systemdynamiken wie Rückkoppelungsschleifen und Rebound-Effekte wurden von Rötzel anschaulich und beispielhaft dargestellt.

 

Die Darstellung der bisherigen Entwicklung endete mit der eindrücklichen Feststellung, dass ein Fortführen der bisherigen menschlichen Lebensweisen langfristig nicht günstig sei. Und dass eine Verbesserung vieler kulturellen Leistungen und Errungenschaften im Sinne einer sozialen, ökologischen und klimatischen Verträglichkeit sinnvoll sei. Diese Einschätzung teilten die Schülerinnen und Schüler der Jahrgangsstufe 11 und hatten besonders großes Interesse an verschiedenen Lösungsansätzen, Schlüsseltechnologien und möglichen Zukunftsbranchen und Berufen. Rötzel zeigte Beispiele aus mehreren gesellschaftlichen Bereichen von Einsparmaßnahmen und Effizienzmaßnahmen bis hin zur sog. „Suffizienz“, dem Verzicht auf Artefakte und technische Hilfsmittel. Die Schülerinnen und Schüler merkten an, dass hier besonders viele Hindernisse liegen würden, um eine nachhaltigere Gesellschaft zu etablieren, und dass die Menschen nicht bereit wären auf liebgewonnene Rituale oder Luxus zu verzichten. Auch die Bereitschaft Gelder zu investieren könnte eher problematisch sein, merkten die Elftklässler an.

 

Stefan Rötzel belebte die Diskussion immer wieder mit beispielhaften Projekten, vom klimaverträglichem Mensa-Menü, zu bionischen Wohngebäudekonzepten, die nach dem Vorbild von Termitenbauten entworfen wurden, bis hin zu lokalen Initiativen, die selber Ökostrom produzieren. Zudem wurden mögliche Schlüsseltechnologien wie dezentrale Energieversorgung, effiziente Beleuchtungstechnologien, und Nutzungskonzepte wie Car-Sharing, Mitfahrzentralen und Anreizsysteme besprochen.

 

Auf großes Interesse stieß die ganzheitliche Betrachtung von Produkten, von der Entstehung, dem Materialeinsatz bis hin zur Nutzung und Entsorgung, die in Zukunft stärker in Stoffkreisläufen organisiert werden könnte. Ein Bürostuhl-Unternehmen würde nicht mehr nur Stühle verkaufen, sondern sie vermieten, immer wieder defekte Teile austauschen und somit auch die gesamte Wertschöpfungskette neu organisieren.

 

Diese Szenarien fanden großen Anklang bei den Schülerinnen und Schülern, die ein positives Fazit zogen. Trotz der Vielzahl an besprochenen Themen, sei die Aufmerksamkeitsspanne hoch gewesen, so die Schüler. Gerade die Verknüpfung der Themen sei interessant gewesen, insbesondere deswegen, weil man nun Dinge, die man vorher einigermaßen kannte, noch besser in einem größeren Zusammenhang betrachten konnte. Auch die Anschaulichkeit sei hoch gewesen, so dass man sicher auch zukünftig wesentliche Dinge behalten werde, meinte eine Schülerin. Ihr Lehrer Herr Witte war ebenfalls begeistert, wenn auch die Inhalte eher besorgniserregend waren. Nach diesem Auftakt will die Klasse nun gezielt an einigen Thematiken ansetzen, sie im Rahmen der Projektwoche weiter ausarbeiten und der Öffentlichkeit präsentieren.  (Text: Rötzel, Balleer  Fotos: Rötzel, Witte)

 

II. Vorlesung mit dem PO-Wi-Kurs Wilhelmsgymnasium, Kassel

Ob die Kenntnisse systemischer Zusammenhänge zu einem bewussterem, umwelt- und klimaverträglicherem Verhalten führen könnten, war ein zentrales Thema in der Diskussion mit dem PO-Wi-Kurs des Wilhelmsgymnasium Kassel. Ihre Lehrerin Frau Ute Deichmann hatte den Vorlesungs-Termin  mit Hilfe der Forschungsbörse, einem Projekt des BMBF im Rahmen des Wissenschaftsjahres 2012 organisiert. Stefan Rötzel, wissenschaftlicher Mitarbeiter am CESR der Universität Kassel vermittelte Grundlagen des systemischen Denkens und systemgerechten Handelns


Kontrovers wurde diskutiert ob besseres Wissen zu verbesserten Handlungsweisen führen kann, wo Barrieren entstehen und welche Chancen und Perspektiven freigesetzt werden könnten. Im Idealfall, so die Schülerinnen und Schüler, bewegt man sich in einer Umgebung, die an sich nachhaltig organisiert ist und in der man komplexe Kaufentscheidungen oder Handlungsweisen nicht immer wieder neu verhandeln muss. Dennoch ist es wichtig, dass Bewusstsein schon früh für diese Thematik zu sensibilisieren. Die Dringlichkeit des Themas sollte jedoch nicht dazu führen, dass Handlungsweisen aufgezwungen werden, sondern eine eigene Meinungsbildung unterstützt wird, die durch kleine, praktische Schritte globales Handeln und Verantwortung verinnerlichen helfen. Gesetzgebung, Regelungen, Verbote aber auch Anreize über Förderprogramme sollten dies stützen. 


An konkreten Beispielen wurden immer wieder Zusammenhänge aus der alltäglichen Lebenssituation besprochen. Mit der von Rötzel eingeführten systemischen Perspektive und Denkweise wurden diese auf andere Art thematisiert als es die Schülerinnen und Schüler sonst gewohnt seien. So erhielten sie einen Einblick in das universitäre System, in der es nicht nur um Leistung auf Abruf, sondern um Eigenverantwortlichkeit und Selbstmotivation ginge, so ihre Lehrerin Frau Deichmann. Aufgrund der positiven Resonanz denkt sie über einen Anschlusstermin nach, in der die politikwissenschaftliche Perspektiven, rechtliche Rahmensetzungen und Instrumente praktischer herausgearbeitet werden können.


Auch die Schülerinnen und Schüler hätten sich insgesamt mehr Zeit für das Thema gewünscht, vor allem um noch stärker eigenverantwortlich Ergebnisse festzuhalten und weiterführende Fragestellungen zu erarbeiten.